Die Chinesen sagen: „Menschen, die Tai Chi (Chuan) praktizieren, erlangen die Geschmeidigkeit eines Kindes, die Kraft eines Holzfällers und die Klugheit eines Weisen“.
Antwort:
„Die Kraft eines Holzfällers“ ist ein direkter Vergleich, um darzustellen, wie die Physis – sprich: der Körperaufbau – und seine Fähigkeiten (die Kondition und die Muskelkraft) sich im Laufe des Trainings von Tai Chi (Taiji) entwickeln und worin diese dann bestehen.
Dieser Vergleich ist exzellent gewählt und selbstverständlich wortwörtlich(!) zu verstehen.
Jeder(!) der einen Holzfäller (heute sagt man: Holzarbeiter) näher kennt oder selbst schon öfter Holzarbeiten mit der Axt durchgeführt hat (österreichisch: „holz-kliabn woar“), kann nachvollziehen, was mit dieser Aussage gemeint ist.
Aber genau darin liegt die Krux und der Grund für die gestellte Frage.
Es hat gar nichts mit China oder etwaigen Metaphern und Allegorien zu tun, dass diese Aussage – leider – nicht mehr von jedem verstanden wird. Der Grund ist der allgemeine Fortschritt der Menschen und dass heutzutage viele kaum mehr selbst mit der Be- und Verarbeitung von Holz in Berührung kommen. Wer verwendet heute noch Feuerholz zum Kochen in der Küche? (Lieber Fragensteller: Du kommst aus einer Stadt, nicht wahr?)
Damals, als dieser „Spruch“ geprägt wurde, um Menschen die Vorteile und den Nutzen von Tai Chi möglichst einfach und prägnant zu erklären, war der Gebrauch von Holz in China nicht viel anders als bei uns. Jeder wusste daher sofort, was einen Holzfäller, also jemanden, der tagtäglich Holzarbeiten mit der Axt(!) im Wald(!) ausführt, diesbezüglich auszeichnet.
„Wir“ müssen heute also wie folgt erklären.
Das zeichnet einen Holzfäller aus:
- seine Kraft, vor allem in Armen und Beinen, sieht man ihm nicht unbedingt gleich an, er wirkt auf den ersten Blick nicht unbedingt stark muskulös (sprich: Keineswegs „aufgepumpt“ wie ein Bodybuilder oder „kantig wie ein Kraftprotz“), er ist eher „drahtig“ (österr.: „flagsig“) und „zäh“;
- er ist es gewohnt, stundenlang seine Arbeit stehend auszuführen und ebenfalls stundenlang seine Arme (Oberkörper) – immer mit der gleichen Belastung(!) – zu bewegen;
- seine Beine sind fest, sein Stand ist absolut sicher (egal auf welchem Untergrund er sich befindet!);
- sein Tritt ist fest und ebenfalls sicher, kommt er ins Straucheln oder Rutschen, fängt er sich jederzeit ab und findet erneut sein Gleichgewicht sowie erneut sicheren Halt;
- sein Blick ist ruhig und fest, er behält seine Arbeit im Auge und nimmt dennoch alles in seiner Umgebung wahr;
- er ist es gewöhnt, dass beispielsweise Äste, Zweige und Blätter unvermittelt in sein Gesicht schlagen wollen und weicht diesen geschickt aus oder wehrt leichteres ab;
- bei Gefahr kann er (auch Dank dieser „Übung“) blitzschnell reagieren und sich entsprechend bewegen, ohne darüber nachdenken zu müssen;
- er kennt seinen Körper, seine Kraft und weiss, was er leisten vermag und sich zumuten kann – er weiss auch, wann Pausen, Ruhe oder Rückzug angesagt sind;
- sein Griff ist falls nötig unglaublich fest und zugleich völlig flexibel sowie im richtigen Moment zugleich locker –
Dies „lehrte“ ihn der tägliche Umgang mit seinem Werkzeug, der Axt: Würde er diese „nur locker“ halten, würde sie ihm zum unpassenden Moment aus der Hand gleiten, hielte er sie ständig „so fest wie möglich“, würde jeder Schlag seine Hände und Arme mit dem Rückschlag prellen;
Und genau dies zeichnet auch einen Menschen aus, welcher regelmäßig und kontinuierlich Tai Chi (Chuan) praktiziert.
Jener verwendet „für seine Arbeit“ zwar keine Axt, aber um wirklich sämtliche oben angeführten Vorteile/Fähigkeiten „als Holzfäller“ – sagen wir ruhig auch: als Tai Chi-Kämpfer – zu erlangen, empfiehlt sich ebenfalls früher oder später die Erweiterung der körperlichen Übungen mit einem Werkzeug: Das sogenannte Waffentraining.
Uns vom Tai Chi Gung – Landessportverein erscheint hierfür der →Langstock, der Gun, als erste Wahl bestens geeignet.
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- Übungsarten, Grundlagen, Grundschule sowie erste Form
im Handbuch Grundkurs Tai Chi Gung, - Übungsanleitungen und Beschreibungen der Bewegungen in den →Trainingsinfos,
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Tipps:
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Finde ich gut, dass hier regelmaessig gepostet wird.