Generell ist Tai Chi Gung für Menschen jeder Altersstufe geeignet.
Fairerweise muss hinzugefügt werden, dass unser Kulturkreis, anders als in Ostasien, mehr zu „Lernen durch Erklären und Verstehen” als zu vorbehaltslosem „Nachahmen” neigt, wodurch eine gewisse mentale Reife zum Erkennen der Sinnhaftigkeit der Bewegungsformen nötig ist.
Die Lehr- und Lernmethode in ist China anders, als wir dies verinnerlicht haben.
Im ostasiatischen Raum wird dem Erlernen einer Kunstform (auch der „Kampfkunst“) andere Bedeutung zugemessen, der zeitliche Aspekt besitzt hierbei auch einen ganz anderen Stellenwert.
Wir sind es gewohnt, Ziele anzustreben und scheuen häufig davor, einfach Wegen zu folgen, wenn wir nicht zumindest sehr rasch einen Sinn darin erkennen können. Dieses – oft durchaus gesunde – Misstrauen verhindert den „blinden Gehorsam“, welcher nötig wäre, um östlichen Meistern und deren Anleitung zu folgen. Für den westlichen Menschen muss daher die Lehrmethode angepasst werden.
Hierbei ist es nötig ausreichend Erklärungen zu liefern und Ziele zu formulieren. Zumindest jedoch, Wege zu beschreiben und mögliche Stationen aufzuzeigen.
- Kinder
Die hierzu nötige „Weitsicht“, um Zusammenhänge zu erkennen oder auch das Durchhaltevermögen, einen gewissen Weg zu beschreiten, bis erste Erfolge sichtbar werden können, ist natürlicherweise an Lebenserfahrung geknüpft und kann daher nicht unbedingt von einem Kind vorausgesetzt werden. Das Üben der Form wird von Kindern gerne „als fad und für alte Leute“ angesehen.
Andererseits können Kinder mit Vorbereitungs- und Einzelübungen begeistert werden und profitieren enorm von dem hierbei ermöglichten Koordinationstraining.
Der rein sportliche, körperliche Aspekt ist selbstverständlich auch von einem Kleinkind zu bewältigen.
- Jugendliche / Junge Erwachsene
Der Jugend kann veranschaulicht werden, dass wahre Kraft und Stärke in Beherrschung der „inneren Kraft und Energie“ („chin“), anstelle „äußerer“ roher Kraftanwendung und Gewalt (= „li“, die „schwerfällige Muskel- und Schwungkraft“) liegt. Damit wird gleichzeitig „die Kampfeslust“ der Jugend befriedigt und das Training trägt durch Erfahrung und Reifungsprozesse zur Aggressionsbewältigung bei.
- Erwachsene und ältere Menschen
Für das Alter kann der Schwerpunkt durchaus auf die gesundheitlichen Aspekte dieser Sportart gelegt werden, wobei jedoch ebenfalls die Erfahrungen eigener Kraft und Energie, sowie das Wiedererwachen des „Kampfgeistes“ erstaunliche und unglaubliche Reaktionen hervorrufen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass gerade ältere Mitmenschen vorerst überaus skeptisch und ablehnend dem „Kampfkunstaspekt“ gegenüberstehen, jedoch in weiterer Folge – bis dato: immer(!) – sich schließlich „befreit fühlen“ und mit Begeisterung ihre „aufgestauten“, gesellschaftlich wenig akzeptierten („negativen“) Gefühle, in geeigneter und „unschädlicher“ Form verarbeiten können.
Am anderen Ende der Altersskala ergibt sich mit dieser körperlichen Betätigung eine für uns im Westen völlig neue Sichtweise sportlicher Betätigung und Leistung. Wo im üblichen Leistungssport ausschließlich Schnelligkeit und Jugend dominiert, zählt in Tai Chi hingegen Bedächtigkeit (Langsamkeit), Erfahrung und Perfektion.
Tai Chi ist eben „ein wenig anders“!